Eine Kirchenführung auf 5×2 Metern.

Herzlich Willkommen im Kirchenmobil, der mobilen Bauwagenkirche St. Marys aus Obernkirchen!

Wir fahren dahin wo Kirche sein sollte. Auf Antinazidemos und auf Kirchentagen, im Steinbruch und auf der Autobahnraststätte. Bei uns ist jeder willkommen. Wir machen kein großes Programm. Meistens tauchen wir einfach irgendwo auf, machen die Tür auf und die Kerzen an und sind dann da. Wir wollen zeigen, dass in Kirche jeder willkommen ist. Und das Kirche nicht stillsteht.

Der Glockenturm.

Unsere Kirchenführung startet mit dem Glockenturm. Wie es sich für eine Kirche gehört. Der Glockenturm ist genau so flexibel wie unsere Arbeit auch. Man kann ihn zum Fahren runterklappen, damit wir besser unter Brücken passen. Und so ist auch das was wir tun: spontan, flexibel, anpassungsfähig. Und vorallem: lautstark. Und unser Turm soll zeigen: Das hier ist eine richtige Kirche.

Die Fenster.

Rechts und links des Mittelganges sehen sie unsere Fenster, die wir im letzten Jahr selbst eingebaut haben. Kirchenfenster scheinen bei Bauwagen nicht unter Standardeinrichtung zu fallen. Und so tun wir es auch im übertragenen Sinn: Wir bauen an der Kirche von morgen, eine Kirche ohne Standardeinrichtung. Individuell. Und durchsichtig.

Das Kreuz.

Unser Kreuz hier vorne auf unserem Altar aus einem schwedischen Möbelhaus, haben wir im Gemeindehauskeller gefunden. Es ist recht alt, nichts besonderes, Hat auf der Rückseite einen Riss. Wir haben es vorm Wegschmeißen gerettet. Wir verbinden damit Altes mit Neuem so wie auch unser Kirchenmobil nicht einfach allein dasteht: Wir gehören zur Kirchengemeinde Obernkirchen. Oft wird Neues in Konkurrenz zu Traditionellem gesehen. Aber das macht keinen Sinn. Wir wollen vielfältig Kirche sein. Gemeinsam. Und dann können sich unterschiedliche Formen nur ergänzen.

Die Sofas.

Statt Kirchenbänken haben wir Sofas in unsere Kirche gestellt. Und irgendwie erzeugt das eine gewisse Wohnzimmerathmosphäre. Wir wollen, dass man sich hier zuhause fühlen kann. Weil Kirche uns soviel Heimat bedeutet und wir dieses Gefühl weitergeben wollen.

Die Kerzen.

Unsere Kerzen sind Reststücke aus unserer Stiftskirche. Wir verstehen uns als Teil der Gemeinde. Unsere Arbeit steht nicht im Luftleeren Raum. Wir sind ein Teil von Kirche. Einer ökumenischen und bunten Kirche in blauen Bauwagen und großen Sandsteinkirchen. Und statt immer nur auf das zu schauen, was uns trennt schauen wir auf das Verbindende: Wie auf unsere Kerzen.

Der Christopherus.

Hier vorne an unserem Kerzenständer haben wir einen Magneten, den wir von Kirche² bekommen haben. Er zeigt den katholischen Heiligen Christopherus, den Schutzheiligen für Reisende. Er soll uns auf unseren Wegen begleiten. Es ist also Symbol für die ökumenische Magnetkraft, die uns als Kirche über alle konfessionellen und andere Grenzen hinweg mit anderen verbindet.

 

Diese Kirchenführung haben wir geschrieben für den Abend der Begegnung beim Kirchentag 2017 in Berlin.

Weil Kirche mehr ist als ein Großkonzern – Kirchenmobil auf der Demo in Nienburg

Vor etwa einer Woche leitete unsere Diakonin uns eine Email weiter. Diese Email hatte sie von einer Kollegin aus dem Jugenddienst Nienburg bekommen, die über die anstehende Demonstration von Neonazis in ihrem Ort informierte. Also schrieben wir sofort zurück und boten unsere Hilfe an und – natürlich – unsere Kirche. Ziemlich spontan stand so also fest, wir würden unseren Samstag mal wieder auf einer Demo verbringen.

Wir wissen wie das ist. Auch in unserem Kirchenkreis gab es in den letzten Jahren große Demonstrationen von Rechten. Jedes Jahr fahren wir nach Bad Nenndorf und setzen gemeinsam mit Bad Nenndorf ist bunt und der jüdischen Gemeinde ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt. Diese Begegnungen haben uns sehr geprägt und wir sind stolz auf die erzielten Erfolge und gewachsenen Freundschaften. Wir wissen aber auch wie beängstigend das sein kann. Wenn Neonazis durch den Ort laufen, Hassreden verbreiten, wenn von Menschen zweiter Klasse gesprochen wird. Das, was man sonst nur in den Nachrichten hört, wird greifbar, sichtbar direkt vor der eigenen Haustür. Wir kennen das und wissen deshalb, dass wir zusammenhalten müssen – als Kirche, als Nachbarn, als Gesellschaft.

Wir haben am Samstag nicht so viele Gespräche mit Passanten geführt wie bei anderen Veranstaltungen und ich war zuerst enttäuscht darüber. Aber vielleicht war das einfach dieses Mal nicht Ziel und Aufgabe. Vielleicht müssen wir manchmal auch Kirche für einander sein und dabei einfach mal Kirchenkreis- und andere geografische Grenzen vergessen. Wir brauchen kein Konkurrenzdenken. Das bringt niemanden weiter. Wir sollten öfter Hilfe anbieten und vor allem auch mal um Hilfe bitten, wenn wir sie brauchen. Vielleicht müssen wir manchmal auch Kirche für einander sein…

Kirchehochzwei.de über Bauwagen und mobile Kirchen

Für Kirchehochzwei hat Julia Schönbeck über unser Kirchenmobil Projekt berichtet:
http://kirchehochzwei.de/cms/blog/ist-das-kirche-oder-kann-das-weg-von-bauwagen-und-mobilen-kirchen

Ist das Kirche oder kann das weg? Von Bauwagen und mobilen Kirchen
Veröffentlicht am: 7 March 2016 AutorIn: Julia Schönbeck
Kirchehochzwei Mitarbeiterin im FSJ Julia Schönbeck berichtet über ihre ehrenamtliche Arbeit für und mit einer Bauwagenkirche, einer Initiative der Kirchengemeinde Obernkirchen.

Direkt vor dem altehrwürdigen Sandsteinriesen steht er: der Bauwagen, den die Jugendlichen der Gemeinde mit Sprayfarbe und Holzturm zu einer mobilen Kirche umgebaut haben.

Die Idee einer mobilen Kirche ist nicht neu. An vielen Orten in Deutschland gibt es ähnliche Wagen und Anhänger, mit denen Gottesdienste im Freien gefeiert werden oder Kirchengemeinden auf Festen und Märkten oder in der Innenstadt präsent sind. Unser Bauwagen steht auf dem Kirchplatz. Von weitem ist er durch den Turm und das Kreuz zu erkennen. Die Aufschrift „Church“ zeigt deutlich: hier geschieht, hier entsteht Kirche. Das Ziel ist es nicht, das bestehende Angebot der Gemeinde nach draußen zu bringen. Der Wagen will vielmehr Raum geben für neue Ideen. So haben wir bisher noch keinen einzigen Gottesdienst in diesem Wagen gefeiert. Das muss nicht so bleiben. Vielleicht wird sich eine Gelegenheit finden. Aber das ist nicht das große Ziel. Unser Ziel ist es, einen Ort zu bieten, der einlädt Kirche zu sein. Wir wollen gemeinsam mit Jugendlichen Kirche gestalten. Für viele ist der Wagen zu „ihrer“ Kirche geworden. Sie waren dabei, als wir den Glockenturm gebaut haben oder haben beim Streichen und Sprayen geholfen. Es ist ihre Kirche. Eine Kirche, die von ihren verrückten Ideen und ungewöhnlichen Träumen lebt.

Und jetzt kommt der Wagen weg. Er ist verschenkt. Wird bald abgeholt. Er macht Platz. Für einen neuen Wagen. Im September letzten Jahres haben wir uns beim „Fond missionarische Chancen“ der Landeskirche Hannovers beworben. Unterstützt werden Initiativen, die mit neuen Formen und Ideen neue Zielgruppen erreichen wollen. Wir wollen so ein Projekt sein. Nach einiger Zeit kam die Bestätigung: wir bekamen Fördermittel und so warten wir gerade auf unseren neuen Wagen, der schon in der Produktion ist. Erwartet wird er im März. Es folgt der Einbau von Kirchenfenstern und Einrichtung. Mehrere Sofas. Regale. Schränke. Ein Altar. Kirche im Bauwagen.

Unser neues „Kirchenmobil“ soll im Gegensatz zum alten Bauwagen vor allem eines: unterwegs sein. Andere Gemeinden besuchen. Feste. Den Kirchentag. Aktionen im Steinbruch oder auf der Weserfähre. Auf der Autobahnraststätte oder im Kreuzgang des Klosters. Wir wollen Kirche an neuen Orten sein. Ungewöhnlich. Bunt. Manchmal laut. Aber auf jeden Fall authentisch und aus ganzem Herzen. Wir wissen nicht genau, was auf uns zukommt oder was wir alles tun werden. Wir wollen uns nicht übernehmen. Wir wollen das tun, was wir können und wir hoffen und wünschen uns, dass wir damit Menschen erreichen können. Ob mit Niedrigseilgarten oder Live-Konzert. Mit Fotoausstellung oder Grillabend. Beim Basteln oder Lesen, beim Spielen, beim Singen, beim Beten.

Die Idee, die Arbeit mit dem Bauwagen auszuweiten und mit ihm nun auch unterwegs zu sein, ist im letzten Jahr entstanden. Elke und Ralf Schönbeck, beide Jugendleiter und Ehrenamtliche der Gemeinde, nahmen am Fresh X Kurs von Kirche² teil. Der Kurs macht uns sprachfähig. Als Ehrenamtliche, die eben nicht Theologie studiert haben, fiel es sehr schwer, einen alten Bauwagen auf dem Kirchplatz zu rechtfertigen. Nach dem selbsternannten „Pippilotta-Prinzip“ „Ich mach mir die Kirche, wie sie mir gefällt“, haben wir einfach das getan, was wir gut konnten, was sich für uns richtig angefühlt hat. Wir waren dort. Haben vieles auf uns zukommen lassen. Niemals hätten wir uns träumen lassen, was jetzt ansteht. Die Arbeit mit dem Bauwagen gibt es jetzt schon seit einigen Jahren. Jetzt von Fresh Expressions und ihren Grundsätzen zu hören, hat uns gezeigt, dass unser Bauwagen mehr sein kann, mehr ist, als wir vielleicht immer dachten. Dass er wirklich Kirche ist. Dieser neue Blickwinkel macht uns stolz auf das, was bisher geschehen konnte und lässt uns gleichzeitig den nächsten Schritt wagen. Wir wollen mobil sein, mit unserem Bauwagen, unserer Kirche auf dem Weg.

Immer wieder stellt man uns die Frage, was denn daran Kirche sei. Wie wir feststellen durften, fällt es kirchenfernen Menschen oft viel leichter diesen Wagen als Kirche zu denken. Wo wir zuvor kleinlaut zugegeben haben, dass wir noch nie im Wagen einen Gottesdienst gefeiert haben, dort keine Bibelarbeiten stattfinden und auch eher selten gebetet wird, stehen wir heute selbstsicherer da. Wir wollen Dienstleister sein. Wir wollen andere in ihren Ideen und Projekten unterstützen. Beobachten. Entstehen lassen. Es ist noch Zeit und wir nehmen sie uns. In den letzten Jahren haben wir durch diesen Wagen und die Arbeit, die drum herum geschieht ganz unterschiedliche Menschen kennen lernen dürfen. Menschen, die wir vorher nicht kannten, aber von denen wir jetzt wissen, auf eine persönliche Einladung hin würden und werden sie allein sein. Wenn wir ein Projekt planen, gibt es Menschen, die wir um Hilfe bitten können. Sie werden kommen. In ganz vielen Fällen sind das Menschen, die nicht viel oder bisher gar nichts mit Kirche zu tun hatten. Wegen uns gehen sie sonntags nicht plötzlich in den Gottesdienst oder lassen ihre Kinder taufen. Wir sind froh, wenn wir in vielen kleinen Momenten zeigen können, wie Kirche sein kann. Dass sie offen ist für neue Leute und verrückte Ideen. Und wenn es ein paar Menschen gibt, denen wir dieses Gefühl vermitteln konnten, dann sind wir stolz darauf. Dann hat sich dieser Wagen bereits jetzt gelohnt.

Wir erleben es immer wieder und es überrascht uns jedes Mal aufs Neue. Wenn auf dem Platz ein großes Fest der Stadt stattfindet, dann kommen Menschen zum Bauwagen, wenn sie eine Frage an die Kirchengemeinde haben. Wir sind da. Was vielen Gemeindemitgliedern schwer fällt zu verstehen, nämlich, dass dieser Wagen wirklich Kirche sein will und kann, scheint für viele im Ort mittlerweile selbstverständlich geworden zu sein. Wir sind da. Wir sind ansprechbar. Wir gehen raus. Und wir wollen bleiben. Wenn wir nach dem Erfolg des Bauwagens gefragt werden, möchten wir nicht von einem steigenden Prozentsatz an Jugendlichen im Sonntagsgottesdienst erzählen. Einerseits würden wir dann wohl eher weniger von Erfolg sprechen können und andererseits ist es ganz einfach nicht unser Ziel. Wir wollen nicht hinaus gehen um herein zu holen. Wir wollen gemeinsam Kirche sein. So wie wir sind. Wir wollen uns nicht verbiegen. Wir wollen die Gemeinde nicht überholen oder in irgendeiner Weise ersetzen. Wir wollen ergänzen und bereichern. Wir wollen die erreichen, die normale Gottesdienste nie erreichen könnten. Wir wollen das tun, was uns Spaß macht und was wir können. Wir sind Kirche, Gemeinschaft. Und manchmal sind wir einfach nur da. Und wir vertrauen auf das, was geschehen mag.
Quelle: http://kirchehochzwei.de/cms/blog/ist-das-kirche-oder-kann-das-weg-von-bauwagen-und-mobilen-kirchen

Vielen Dank für die Unterstützung durch das Team von Kirchehochzwei.de

(Julia Schönbeck, Sandra Bils, Maria Herrmann und Raphael Below im Kirche² Büro in der Offensteinstraße in Hannover/Linden) http://www.kirchehochzwei.de/cms/blogs/teambeitrag